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DAILY #30 - 30. AUGUST 2008

Utopie bis in den Tod

Die Berliner Philharmoniker setzen unter ihrem Chefdirigenten Sir Simon Rattle den Schlusspunkt unter die Salzburger Festspiele 2008, der noch einmal die thematischen Pole des Sommers aufgreift: Liebe und Tod.

Gemäß dem heurigen Leitthema „Denn stark wie die Liebe ist der Tod“ reicht das Gastspiel der Berliner Philharmoniker in Form zweier bedeutender, wegweisender Kompositionen einen starken Liebestrank zum Festspielfinale: Richard Wagners Vorspiel und Liebestod aus Tristan und Isolde und Olivier Messiaens Turangalîla-Symphonie. Beide Kompositionen erwiesen sich als in die Zukunft weisende – und beide Male stand eine unglückliche, vor allem aber durch die äußeren Umstände unmögliche Liebe als innere Motivation dahinter.

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DAILY #29 - 29. AUGUST 2008

Farb-Klang-Kunst-Werke

Mit Daniel Richter, Rebecca Horn und Karel Appel haben die Salzburger Festspiele drei bildende Künstler von Weltrang in ihrem heurigen Programm aufgeboten. Bereits Max Reinhardt bat Künstler für Bühnenprojekte in die Festspielstadt. Ein Rückblick auf eine lange Tradition.

Es ist eine eindrucksvolle Spur, die die bildende Kunst seit den 1990er Jahren bei den Salzburger Festspielen hinterlassen hat: 1992 stattete Eduardo Arroyo Aus einem Totenhaus von Janácˇek aus. 1993 wurde US-Künstler Robert Longo als Bühnenbildner für Mozarts Lucio Silla engagiert. 1994 agierte Malerfürst Jörg Immendorff als Ausstatter von Strawinskys The Rake’s Progress. 1999 schuf Jaume Plensa für Berlioz’ La damnation de Faust eine große Raumskulptur für die spektakuläre Inszenierung des katalanischen Ensembles La Fura dels Baus.

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DAILY #28 - 28. AUGUST 2008

Das war Salzburg 2008

Nun ist er leider vorbei, dieser schöne Sommer. Unsere Pforten haben sich wieder geschlossen – und so ist auch diese Saison Erinnerung geworden: über 200 Veranstaltungen, Opern, Theater und Konzerte, für die es so viel Beifall gab. Auch Buhs waren zu hören, aber die sind die Würze des Erfolges.

Woran denken wir zurück? An Claus Guths Wald von Don Giovanni, in dem sich die Liebeshungrigen wie verzweifelt suchten? Und an dessen Ende ein jämmerlicher Tod steht? An einen jungen Otello und seinen meisterhaften Dirigenten Riccardo Muti? An den Romeo Villazón und die Julia Machaidze, die von Yannick Nézet-Séguin angefeuert das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinrissen? An den Bartók-Abend, den Peter Eötvös grandios dirigierte, den der deutsche Maler Daniel Richter ingeniös ausstattete und Johan Simons klug und konzentriert inszenierte? An die Zauberflöte von Appel, Audi und Muti? Oder an die Rusalka mit unseren Gästen aus Cleveland, bestechend dirigiert von Franz Welser-Möst; in welche Märchenwelt eigener Art haben Jossi Wieler und Sergio Morabito uns geführt? Und zu guter Letzt welch furioses Finale mit Mnozil Brass und ihrem himmlischen Blödsinn, die Oper von Irmingard.

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DAILY #27 - 27. AUGUST 2008

Jugend an die Macht der Musik!

Die Salzburger Festspiele boten in diesem Sommer für Kinder und Jugendliche ein eigenes Programm in noch nie da gewesenem Umfang. Intendant Jürgen Flimm, Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und der Kaufmännische Direktor Gerbert Schwaighofer geben darüber Auskunft.

In einer Zeit, wo Schule und Elternhaus im Bereich der musischen Bildung immer mehr versagen, wollen wir etwas tun – mit unserem speziellen Kartenangebot für junge Leute, mit Kinderkonzerten, den Aktivitäten der Jungen Freunde und den Operncamps für Kinder und Jugendliche“, ist Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler von der Notwendigkeit zum Handeln überzeugt.

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DAILY #26 - 26. AUGUST 2008

Rollentauchen ohne Angst

Martina Gedeck steht derzeit als Harper Regan in Simon Stephens’ gleichnamigem Stück in Salzburg auf der Bühne. Mit Daily sprach sie über den Unterschied zwischen Film und Theater und die Leichtigkeit der Festival-Atmosphäre.

Man muss als Schauspieler einfach in etwas anderes eintauchen – so wie ein Fisch ins Wasser springt, weil er an Land nicht schwimmen kann“, sagt die deutsche Schauspielerin Martina Gedeck. Bei den Salzburger Festspielen ist das Wasser, in dem sie schwimmt, ein Dickicht familiärer Katastrophen und Verunsicherung.

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DAILY #25 - 24. AUGUST 2008

700 Konzerte, 2.000 Opern

Die Wiener Philharmoniker und Salzburg: Clemens Hellsberg, der Vorstand des Orchesters, berichtet über eine langjährige, innige Beziehung von hohem emotionalen Wert zwischen der Festspielstadt und Wiens Meisterorchester.

In der Geschichte der Wiener Philharmoniker nimmt Salzburg einen besonderen Rang ein: Hier traten sie 1877 erstmals außerhalb Wiens auf; die Teilnahme an sechs Salzburger Musikfesten bis 1910 ergab eine erste Kontinuität; 1922 gastierte das Orchester erstmals bei den Salzburger Festspielen, seit 1925 ist die Teilnahme am Festival ein Fixpunkt in seinem Jahreskalender.

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DAILY #24 - 23. AUGUST 2008

Endlich Fachpersonal!

Mnozil Brass und Bernd Jeschek haben für die Salzburger Festspiele Irmingard ausgeheckt. Es ist das erste gemeinsame Opernprojekt des Blechbläserensembles mit dem Autor und Regisseur. Doch lesen Sie selbst:

Bertl, der schöne Prinz aus Melk, wird von Amors Pfeil getroffen und verliebt sich unsterblich in Irmingard, die Enkelin des Kaisers. Sie aber verschmäht den Schönen, was den Kaiser, der endlich in Pension gehen möchte, dermaßen erzürnt, dass er sie kurzerhand in das finsterste Verlies seines Kerkers stecken lässt.

Bertl verzehrt sich in Liebe zu ihr, und auch ihr dämmert, dass sie wohl nicht besonders klug gehandelt hat. Dürfen wir auf ein glückliches Ende hoffen, oder wird die Macht des Schicksals beide in den Abgrund reißen?“

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DAILY #23 - 22. AUGUST 2008

Ein Wunder nach Noten

Das Simón Bolívar Youth Orchestra of Venezuela und Gustavo Dudamel sind der klingende Beweis dafür, was Musik alles bewirken kann. Von 22. bis 29. August sind die jungen Musiker zu Gast bei den Salzburger Festspielen und zeigen in vielen Veranstaltungen ihr großes Können.

Der allerfrischeste Wind im Bereich der klassischen Musik weht derzeit aus dem weiten Westen: In Gustavo Dudamel und seinem Simón Bolívar Jugendorchester (SBYO) verfügen die Kenner und Liebhaber abendländischer Kunst nun auch über den lebendigen Beweis dafür, dass Musik nicht nur klug und sozial kompetent macht, sondern darüber hinaus auch noch Gewalt verhindert, Armut und Arbeitslosigkeit bekämpft und sich bei alledem doch völlig unproblematisch in etablierte Festivals integrieren und für bestehende politische Machtstrukturen instrumentalisieren lässt.

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DAILY #22 - 21. AUGUST 2008

Mitten rein ins Gesicht

Simon Stephens gilt als einer der erfolgreichsten englischen Dramatiker. Auch im deutschen Sprachraum reißen sich die Theater um seine Stücke. In Salzburg erlebt Stephens’ jüngster Wurf Harper Regan seine deutschsprachige Erstaufführung.

Die Dramen des 1971 in einem mittelenglischen Provinznest geborenen und heute in London lebenden Theaterautors Simon Stephens setzen nach jeweils kürzester Zeit auf Bühnen des europäischen Festlands über. Im letzten Herbst kam die deutschsprachige Premiere der englischsprachigen sogar zuvor: Pornographie, ein von der angsterfüllten Atmosphäre infolge der Londoner U-Bahn-Anschläge durchdrungenes Stück, erlangte am Schauspielhaus Hamburg auf Anhieb auch eine Nominierung zum renommierten Berliner Theatertreffen.

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DAILY #21 - 20. AUGUST 2008

Ohne Sponsoren müsste Papageno Federn lassen

„Wer finanziert die Festspiele?“ ist die Frage, die je nach politischem Standort beantwortet wird. Wertfrei ausgedrückt, lautet die Reihenfolge so:

Financier Nr. 1 ist der Kartenkäufer: Die Hälfte des Budgets, 2007 waren das 24,7 Mio. Euro, nimmt das Kartenbüro ein. –Eine für eine europäische Kultureinrichtung einmalige Leistung.

Financier Nr. 2 ist dankenswerterweise die öffentliche Hand: Aus dem Budget von Bund, Land und Gemeinde erhalten die Festspiele rund 10,4 Mio. Euro. Die Tatsache, dass die Festspiele noch im selben Jahr 12,2 Mio. Euro an Steuern und Abgaben zurückzahlen, bedeutet aber: In Wahrheit zahlen sich die Festspiele ihre Subventionen selbst. Dazu kommt noch, dass die Festspiele gesamtwirtschaftliche Produktions- bzw. Umsatzeffekte von rund 227 Mio. Euro auslösen.

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DAILY #20 - 19. AUGUST 2008

Später, wunderbarer Bartók

Einen Höhepunkt erleben die Béla Bartók Series der heurigen Festspiele mit der Residenz des Cleveland Orchestra. Unter seinem Chefdirigenten Franz Welser-Möst interpretiert der traditionsreiche US-amerikanische Klangkörper drei zentrale Werke des großen ungarischen Komponisten.

Das Cleveland Orchestra geht unter seinem Musikdirektor Franz Welser-Möst neue Wege. Nicht nur kurze Gastspiele, sondern längere Residenzen lautet das Ziel, um dem Publikum ein Höchstmaß an Qualität bieten zu können. So passiert es auch in Salzburg, wo das Musikerkollektiv nicht nur bei Dvořáks Rusalka im Orchestergraben sitzt, sondern auch drei Konzerte bestreitet. Im Zentrum der Programme stehen neben Werken von Mahler, Schubert, Berg, Dvořák und Messiaen drei bedeutende Kompositionen Béla Bartóks.

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DAILY #19 - 17. AUGUST 2008

Die Liebe im Irrlicht

Mit seiner vorletzten Oper gelang Antonín Dvořák endlich ein Musiktheater-Erfolg: Seine 1901 uraufgeführte Rusalka wurde – neben Smetanas Verkaufter Braut – zur populärsten Oper der Tschechen. In Salzburg inszenieren Jossi Wieler und Sergio Morabito unter der musikalischen Leitung von Franz Welser-Möst das Werk.

Dvořáks Rusalka stellt die unbestritten bedeutendste Fassung des romantischen Wassernixen-Mythos auf der Opernbühne dar, trotz der durchaus geglückten Undine-Opern von E. T. A. Hoffmann und Albert Lortzing oder der hochinteressanten Rusalka des Russen Dargomyschskij.
Das ist auch das Verdienst des 27 Jahre jüngeren Literaten Jaroslav Kvapil, der den 60-jährigen Komponisten mit der damals aktuellen Dramatik in Kontakt brachte. Geschickt kompilierte der Librettist seine Quellen zu einer eigenständigen, starken Erzählung.

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DAILY #18 - 15. AUGUST 2008

Geheimnisse eines Großen

Riccardo Muti erinnert sich im Gespräch mit Walter Dobner an Herbert von Karajan, der heuer seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, und erzählt über seine Begegnungen mit dem großen Vorbild und Förderer.

Sono Karajan“, vernahm Riccardo Muti aus dem Telefon. Die Überraschung war perfekt. Sollte es tatsächlich Karajan sein, der ihn hier, in Raleigh, in North Carolina, bei seiner Abschiedstournee mit dem Philharmonia Orchestra London aufgestöbert hatte? Unverzüglich kam Karajan zum Grund des Gesprächs: „Ich würde Sie gerne für Così fan tutte 1982 in Salzburg einladen.“ Das saß.

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DAILY #17 - 14. AUGUST 2008

Eine unmögliche Freiheit

Nicolas Stemann beschäftigte sich mit Friedrich von Schillers Jugendwurf Die Räuber. Auf der Perner-Insel ist nun sein daraus kreiertes „Wortkonzert“ zu Selbstfindung und Freiheit zu sehen.

Ich habe mich nie mit Kleinigkeiten abgegeben“, sagt Franz Moor gegen Ende des Dramas. Sich mit Kleinigkeiten begnügen hat auch Regisseur Nicolas Stemann nicht vor, wenn er auf der Perner-Insel die Geschichte von Karl und Franz Moor erzählen wird, erfunden und verfasst von Friedrich Schiller im Jahr 1781 unter dem Titel Die Räuber.

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DAILY #16 - 13. AUGUST 2008

Vogelfederbuntes Fängerglück

In der faszinierenden, farbenfrohen Ausstattung von Karel Appel kehrt Mozarts Zauberflöte nach Salzburg zurück. Riccardo Muti steht dabei am Pult der Wiener Philharmoniker, Pierre Audi hat inszeniert.

Ist die Zauberflöte ein Machwerk? – diese Frage stellte etwas provozierend die Zeitschrift Text und Kritik in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Ja, müssen wir heute eigentlich immer noch antworten, wenn in einem Machwerk disparat erscheinende Teile zu einem Ganzen zusammengefügt sind und dann doch daraus etwas Einheitliches entsteht. Denn wie in kaum einem anderen Werk scheinen in Mozarts letzter Oper unterschiedlichste Elemente miteinander verknüpft, die dennoch zu einem der größten Welterfolge in der Operngeschichte wurden.

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DAILY #15 - 12. AUGUST 2008

„Elf tolle Schäfchen!“

Young Singers Project: Zum ersten Mal haben heuer elf junge Sänger, die am Beginn ihrer Karriere stehen, die Chance, sich in öffentlichen Meisterklassen, in Konzerten und inmitten des Festspielbetriebs den letzten Schliff zu holen. Ermöglicht wird das Projekt von Montblanc International.

Ein Blick zurück: In zwei Tagen werden die Festspiele offiziell eröffnet. Doch für elf junge Sänger hat bereits der Ernst des Sommers begonnen. Bei internationalen Auditions hat man sie ausgewählt, um am ersten von den Salzburger Festspielen und Montblanc International organisierten Young Singers Project (YSP) teilzunehmen.

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DAILY #14 - 10. AUGUST 2008

„Ich bin nur das Instrument“

Vanessa Redgrave bei den Salzburger Festspielen: Im Landestheater steht sie in The Year of Magical Thinking auf der Bühne, mit Jürgen Flimm liest sie Gedichte aus Guantánamo, und mit David Hare spricht sie über Kunst und Politik.

Vanessa Redgrave, schrieb US-Filmkritikerpapst Roger Ebert, sei der seltene Fall einer Schauspielerin, die mit dem Alter immer besser werde. Man mag ihm nicht widersprechen, auch wenn die Kinokarriere der Britin eigentlich mit einer einzigartigen Erfolgsserie begann: Die erste Hauptrolle in Protest von Karel Reisz brachte ihr 1966 den Schauspielpreis des Filmfestivals Cannes, ein zweiter folgte 1968 für Reisz’ Tänzerinnen-Biographie Isadora. Dazwischen verkörperte Redgrave als Model in Michelangelo Antonionis Kult-Kunstkrimi Blowup den Inbegriff von Swinging London. Sie war Galionsfigur des zornigen jungen Sixties-Kinos der Insel; mit Regisseur Tony Richardson war nicht nur die berufliche Partnerschaft fruchtbar: Ihrer ersten Ehe von 1962 bis 1967 entstammen die Töchter Natasha und Joely Richardson, beide längst angesehene Aktricen.

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DAILY #13 - 09. AUGUST 2008

„Anders als alle anderen“

Mit sieben Konzerten, einer szenischen Produktion und einem Puppenspiel widmet sich die diesjährige Kontinente-Reihe dem italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino.

Kontinent Sciarrino sponsored by Roche 

Ich denke, jeder Komponist beginnt einmal als Dilettant und wird von den unterschiedlichsten Anregungen und Modellen beeinflusst. Das war auch bei mir der Fall, doch nach einer ersten Periode der Entdeckungen wurde mir bewusst: Ich muss anders als alle anderen komponieren. Trotzdem mochte ich Komponisten wie Schönberg und Webern; Schönbergs Partituren habe ich sogar richtig studiert. Anders als bei den Nachkriegsseriellen, die sich dem Vorwurf aussetzten, die Logik ihrer Strukturen entzöge sich der Wahrnehmung und ihre Musik tendiere damit zur Privatsache, fallen bei Schönberg und auch noch bei Webern Struktur und Wahrnehmung nicht so stark auseinander. Das ist ähnlich wie bei einer Bach-Fuge. Doch als ich zu komponieren anfing, war die Diskussion um den Serialismus in vollem Gang.

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DAILY #12 - 08. AUGUST 2008

Am Ende ein Fragezeichen

Der Regisseur Christian Stückl, ein Spezialist für Volkstheater und Passionsspiele, hat das Salzburger Traditions-Spiel Jedermann von Hugo von Hofmannsthal sanft ins 21. Jahrhundert gebracht. Mit Daily sprach er über seine Salzburger Erfahrungen, über Tradition und Glauben.

Daily: Wie oft haben Sie bei Hofmannsthals Jedermann Regie geführt?

Stückl: Es ist heuer der siebente Jedermann in meiner Fassung. Wobei ich zweimal ausgesetzt habe. Ich habe 2002, 2003, 2004 sowie 2007 und 2008 den Jedermann betreut. Für mich ist es also das fünfte Jahr.

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DAILY #11 - 07. AUGUST 2008

„Gehemmt bis verklemmt“

Bertolt Brecht und die Salzburger Festspiele. Hans Widrich berichtet aus Anlass der Premiere von Die Maßnahme von Brecht, wie Gottfried von Einems Versuch misslang, den deutschen Dichter zum Schauspielverantwortlichen der Salzburger Festspiele und zum Österreicher zu machen.

Über Bertolt Brecht und die Salzburger Festspiele wird seit Jahrzehnten philosophiert: Die Reaktionäre an der Salzach haben wieder einmal versagt, als sie die Chance hatten, großes modernes Theater zu installieren. Die halbe Wahrheit. Unterrichtsminister Hans Pernter und Landeshauptmann Josef Rehrl, beide ÖVP, begrüßten den Plan, den revolutionären Dichter an Salzburg zu binden. Die Idee wurde in der Schweiz ausgeheckt. Festspieldirigent Wilhelm Furtwängler forcierte den jungen österreichischen Komponisten Gottfried von Einem als Reformer für die Salzburger Festspiele. Dieser kannte Bert Brecht, der nach einem gefährlichen politischen Verfahren in den USA wegen Kommunismusverdachts in die sichere Schweiz gezogen war.

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DAILY #10 - 06. AUGUST 2008

Sieben Türen, neun Hirsche

Herzog Blaubarts Burg bildet das szenische Zentrum der Béla Bartók Series. Johan Simons inszeniert die zweite szenische Produktion von Bartóks einziger Oper bei den Festspielen mit Falk Struckmann und Michelle DeYoung.

 

Als „naives, linkisches, 25-jähriges Wunderkind“ beschreibt der ungarische Dichter Béla Balázs, der das Drama Auf Herzog Blaubarts Burg geschrieben hat, den Komponisten Béla Bartók in seinem Tagebuch. Balázs, der 1884 als Herbert Bauer in eine ungarisch-jüdische Familie geboren wurde und als begeisterter Nationalist bald seinen deutschen Namen aufgab, war Zimmergenosse von Zoltán Kodály in einem Lehrerfortbildungsinstitut in Budapest. Da sich auch Balázs für ungarische Volkslieder interessierte, stellte Kodály seinen Zimmergenossen Bartók 1906 vor.

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DAILY #9 - 05. AUGUST 2008

Rosamundes Sommernacht

„Schauspielmusik“ heißt die Vorgabe an die Camerata Salzburg für ihre heurigen Festspielkonzerte. Unter Marc Minkowski und mit bekannten Solisten werden Helmina von Chézys Rosamunde und Shakespeares Sommernachtstraum in den Vertonungen von Franz Schubert und Felix Mendelssohn im Mozarteum zum Klingen gebracht.

Peer Gynt hat bereits seine musikalische Reise im Haus für Mozart absolviert, in Gestalt jener Schauspielmusik von Edvard Grieg, die er für Henrik Ibsens Drama komponierte. Das Bemerkenswerte an dieser Komposition: Henrik Ibsen hatte die Geschichte vom jungen Norweger mit den vielen Identitäten 1867 bloß als Lesedrama konzipiert. Erst mit der Musik von Edvard Grieg wagte er es, den komplexen, an vielen Schauplätzen spielenden Stoff auf die Bühne zu bringen.

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DAILY #8 - 03. AUGUST 2008

„Ich will Euch stechen“

Salvatore Sciarrinos Oper Luci mie traditrici bildet den szenischen Kern der Reihe Kontinent Sciarrino. Die deutsche Künstlerin Rebecca Horn visualisiert das Meisterwerk des italienischen Komponisten mit ihrer Kunst.

Szene 8, Schlafgemach: Im Dialog zwischen Herzogin und Herzog wird das Sprechen über die Liebe jetzt vom Tod überlagert. Ermordung der Herzogin, Ende der Oper.“ So lässt sich die letzte Szene der Oper Luci mie traditrici knapp zusammenfassen. Sie wird im Rahmen der von Roche unterstützten Kontinent-Reihe aufgeführt, die heuer Salvatore Sciarrino gewidmet ist.

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DAILY #7 - 02. AUGUST 2008

Juliette tanzt georgisch

Nino Machaidze singt Gounods Juliette an der Seite von Roméo Rolando Villazón. Mit Daily sprach sie über ihre noch junge Karriere, die italienische Operntradition in ihrer Heimat und die Grazilität der georgischen Volkstänze.

Daily: Wann wussten Sie, dass Sie Opernsängerin werden wollen?

Machaidze: Ich habe mit sechs Jahren begonnen Klavier zu spielen und seit ich acht bin, singe ich. Ich wollte schon als kleines Mädchen Opernsängerin werden. Ich besuchte zunächst die Musikschule und mit 17 Jahren wechselte ich ans Konservatorium.

Daily: Woher kam als Kind schon der Wunsch, Opernsängerin zu werden? Stammen Sie aus einer Musikerfamilie?

Machaidze: Nein. Aber es gibt eine große Musiziertradition in Georgien. In jedem Haus steht ein Klavier, und die Kinder werden alle auf die Musikschule geschickt. Wir Georgier sind ein sehr musikalisches Volk. Bei uns wird viel gesungen, musiziert und getanzt. Die Volkstradition wird hoch gehalten. Vor allem die georgischen Volkstänze sind ganz wunderbar, sehr elegant, weiblich und raffiniert in ihren Bewegungen. Diese Art des Ausdrucks hilft mir auch auf der Bühne!

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DAILY #6 - 01. AUGUST 2008

Im Würgegriff der Liebe

Der Regisseur Stephen Langridge präsentiert seine Sicht auf Verdis vielschichtiges Spätwerk Otello. Riccardo Muti dirigiert die Neuproduktion. Als Liebespaar Otello und Desdemona geben die jungen Sänger Aleksandrs Antonenko und Marina Poplavskaya ihr Festspiel-Debüt.

Eine intime und hellsichtige Erkundung des Gefühls Eifersucht“, nennt Stephen Langridge Giuseppe Verdis Dramma lirico in vier Akten, Otello.

Das späte Meisterwerk von Verdi und seinem kongenialen Librettisten Arrigo Boito ist ein vielschichtiger Wurf und breitet seine grausame Handlung auf mehreren Ebenen aus. Zunächst ist es „die Geschichte einer unkonventionellen Liebe – unkonventionell deshalb, weil Otello und Desdemona ihre Kulturen hinter sich lassen müssen, um zusammenkommen zu können“, erzählt der Regisseur. „Otello hat seine Sprache, seine Religion, seine Kultur aufgegeben und findet sich dennoch als Außenseiter wieder.“ Und auch Desdemona hat sich von ihrer adeligen Familie losgesagt, um Otello gegen den Willen des Vaters zu heiraten, ein „großer Bruch mit der Konvention“.

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DAILY #5 - 31. JULI 2008

Seltsame Spiele der Erinnerung

Das Young Directors Project macht sich auf die Suche nach Rekonstruktionen des Erlebten. Zum Auftakt wird das jüngste Stück von Marius von Mayenburg, Der Stein, uraufgeführt.

1993. Endlich kann Heidrun Heising mit ihrer Mutter und ihrer Tochter ins Dresdner Elternhaus heimkehren. Es soll ein Neuanfang für die Familie werden. Aber mit dem Einzug kommen auch die Erinnerungen an entscheidende Wendepunkte in ihrem Leben zurück: 1935 verkauft eine jüdische Familie das Haus an die Heisings, um ihre Flucht ins Ausland zu finanzieren; das Kriegsende 1945 geht mit dem Untergang der Stadt im Feuersturm und dem Tod des Vaters einher; 1953 flüchten Mutter und Tochter aus der DDR. Und nach dem Mauerfall gerät die Familienlegende vom Vater im Widerstand, der einst eine jüdische Familie gerettet haben soll, ins Wanken.

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DAILY #4 - 30. JULI 2008

Schleiermädchen, Engelszungen

Mit Orhan Pamuk und Dimitré Dinev sind heuer zwei Dichter mit sehr unterschiedlichem Werk und außergewöhnlichen Lebensläufen zu Gast bei den Festspielen. Lesungen und Autorengespräche geben einen Einblick in ihr Schaffen.

Für eine ganze Menge Mädchen in unserer Situation bedeutet der Wunsch, sich umzubringen, die Kontrolle über den eigenen Körper zu haben“ – diesen Satz lässt Orhan Pamuk das Kopftuchmädchen Hande in seinem 2002 erschienenen Roman Schnee (deutsche Fassung: 2005) sagen. Die Schilderung von Handes Lebensumständen ist einer der bedrückendsten Momente des Buches. Dem aus dem Westen kommenden Protagonisten Ka fällt vor allem die Zerrissenheit auf, in der die Mädchen leben – der Druck seitens der Gesellschaft, das Kopftuch abzulegen, und der Druck der Familie oder islamischer Gruppen, sich zu verschleiern. Mit seinen detailbesessenen Schilderungen und seiner fantasievollen Poesie bringt Pamuk dem Leser die moderne Türkei nahe – und ihr Ringen um einen Ausweg aus dem Spannungsfeld zwischen Verwestlichung und Fundamentalismus. Dabei verzichtet er auf jede Schwarzweißmalerei; die unterschiedlichsten Gruppen kommen in seinen Romanen zu Wort: Islamisten, türkische Nationalisten, kurdische Nationalisten, Kirche, Armee, verschiedene ethnische Gruppen und auch islamistische Fundamentalisten. Aber es sind nicht nur die Reisen in fremde Verhältnisse, die Pamuk als Autor so beliebt machen, sondern auch sein Humor: Mit einem Augenzwinkern erzählt er von aufeinanderprallenden Weltbildern, Lebensklugheit und dem Mut der kleinen Leute.

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DAILY #3 - 29. JULI 2008

Der Krieg klopft an die Tür

Jan Lauwers, Allround-Künstler, Theatermacher und Master Mind der flämischen Needcompany, präsentiert mit Das Hirschhaus den dritten Teil einer Trilogie – eine Auftragsarbeit der Salzburger Festspiele. Mit Daily sprach er über seine Art zu Arbeiten, über positive Konflikte und den Krieg, der näher ist, als wir denken.

Ich bin ein Rastloser. Ich kann keinen Frieden mit mir finden, wenn ich mich nur mit einem Medium beschäftige. Auch wenn in meinem Kopf möglicherweise eine sehr subjektive Hierarchie herrscht“, sagt Jan Lauwers. Der 1957 in Antwerpen geborene Lauwers ist in unzähligen Sparten zu Hause: Er malt, er fotografiert, er zeichnet, er baut Installationen und schafft plastische Objekte, er schreibt, macht Musik und kreiert Theater-Arbeiten.

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DAILY #2 - 28. JULI 2008

Waidwundes Menschsein in Echtzeit

Regisseur Claus Guth und Ausstatter Christian Schmidt setzen mit Don Giovanni ihren Salzburger Mozart-Da Ponte-Zyklus fort. In ihrer Inszenierung versuchen sie den Mythos Don Giovanni menschlich zu erden.

Real oder fiktiv? Mensch oder Mythos? Keine Figur symbolisiert so sehr das triebhaft Ungestüme wie Don Juan. 1613 betrat er dank Tirso de Molina erstmals eine Bühne – und es ist nicht gesichert, ob es sich dabei um eine Erfindung, der spanischen Volksfantasie entsprungen, oder doch um eine reale Figur handelt. Manche Quellen sehen den Ur-Don Juan in der Figur des Don Juan Tenorio aus Sevilla, einem Verführer und Hedonisten aus der Zeit von König Pedro I., der Grausame, der von 1350 bis 1369 regierte. Don Juan Tenorio wurde, nachdem er den Gouverneur von Sevilla gemeuchelt hatte, von Mönchen in ein Kloster gelockt und gerichtet. Damit die Tat nicht entdeckt werde, wurde das Gerücht in die Welt gesetzt, die Statue vom Grab des Ermordeten hätte sich gerächt.

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DAILY #1 - 27. JULI 2008

„Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist,
Spielt weiter!“

Am 26. Juli um 11.00 Uhr wurden die diesjährigen Salzburger Festspiele eröffnet. In ihrer Festspielrede fragt die deutsche Autorin Elke Heidenreich nach der Macht von Liebe und Tod und beschwört die Kraft der Kunst.

Das Motto der diesjährigen Salzburger Festspiele behauptet: „Denn stark wie die Liebe ist der Tod“.
Der Tod, heißt das, mag stark sein, aber genauso stark wie er ist die alles umfassende Liebe. Ich bin da skeptisch.
Die Liebe liebt nicht nur das Wandern, die Liebe verändert sich, die Liebe lässt sich nicht halten, nicht erzwingen, und an den Türen des Todes muss alle irdische Liebe enden, wir schreiten durch ein Tor, durch das noch niemand zurückgekommen ist, da mag die Liebe noch so mit Tränen und Fäusten dagegenhämmern. Und so denke ich:
Denn stärker als die Liebe ist der Tod.

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