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PROGRAMMDETAIL

Claudio Monteverdi L’incoronazione di Poppea

Opera musicale in einem Prolog und drei Akten (1642/43)
Libretto von Giovanni Francesco Busenello

Neuinszenierung

In italienischer Sprache
mit deutschen und englischen Übertiteln

Dauer der Oper ca. 3 Stunden 30 Minuten

PREMIERE

  • 12. August 2018, 18:30 Uhr

AUFFÜHRUNGEN

  • 15. August 2018, 15:00 Uhr
  • 18. August 2018, 18:30 Uhr
  • 20. August 2018, 18:30 Uhr
  • 22. August 2018, 18:30 Uhr
  • 28. August 2018, 18:30 Uhr

SPIELSTÄTTE

Haus für Mozart

Programm drucken (PDF)

LEADING TEAM

William Christie, Musikalische Leitung
Jan Lauwers, Regie, Bühne und Choreografie
Lemm&Barkey, Kostüme
Ken Hioco, Licht
Elke Janssens, Dramaturgie

BESETZUNG

Sonya Yoncheva, Poppea
Kate Lindsey, Nerone
Stéphanie d’Oustrac, Ottavia
Carlo Vistoli, Ottone
Renato Dolcini, Seneca
Ana Quintans, Virtù / Drusilla
Marcel Beekman, Nutrice / Famigliare I
Dominique Visse, Arnalta
Lea Desandre, Amore / Valletto
Tamara Banjesevic, Fortuna / Damigella
Claire Debono, Pallade / Venere
Alessandro Fisher, Lucano / Soldato I / Tribuno / Famigliare II
David Webb, Liberto / Soldato II / Tribuno
Padraic Rowan, Littore / Console I / Famigliare III
Virgile Ancely, Mercurio / Console II

Needcompany
Sarah Lutz, Solotänzerin
Tänzer und Tänzerinnen des BODHI PROJECT sowie der SEAD Salzburg Experimental Academy of Dance
Paul Blackman (Jukstapoz), Vorbereitung und Assistenz Choreographie
Les Arts Florissants

ZUR PRODUKTION

Kurz vor seinem Tod komponierte Claudio Monteverdi (1567–1643) mit der sinnlichen Liebesgeschichte L’incoronazione di Poppea eine der bemerkenswertesten Opern aller Zeiten. Erstmals basierte die Handlung einer Oper nicht wie in der Renaissance üblich auf Mythen, Legenden oder erfundenen Begebenheiten, sondern auf historischen Ereignissen. Wie sein Zeitgenosse William Shakespeare brachte Monteverdi glaubwürdige Figuren auf die Bühne, mit menschlichen Schwächen und Leidenschaften. Zu diesem Zweck etablierte Monteverdi auch die sogenannte seconda pratica, in der die Musik zur Dienerin des Textes wurde und sich vom Libretto leiten ließ. Handlung und Gefühl traten auf diese Weise in den Vordergrund.
Opern erzählen vom Sinn der Liebe und des Lebens und von der Bedeutung des Todes. Mit L’incoronazione di Poppea präsentiert Monteverdi eine sehr eigenwillige Auslegung dieses Leitsatzes. Das Libretto knüpft zwar an historische Figuren und Ereignisse an, doch die grausame Realität tritt in der Oper in den Hintergrund, um wollüstige Leidenschaft vorzuführen und den Triumph einer Gesellschaft, die sich nicht um Moral schert, in der Tugend bestraft und Habsucht belohnt wird in einem scheinbaren Sieg der Liebe. Giovanni Francesco Busenello erzählt in seinem Libretto, wie Poppea mit allen Mitteln nach dem Thron strebt und danach, Nerones Frau zu werden. Kaiserin Ottavia wird betrogen und aus dem Weg geräumt; auf Poppeas Drängen zwingt Nerone Seneca zum Selbstmord; nach einem missglückten Mordanschlag auf Poppea wird Ottone ins Exil verbannt und Ottavia auf dem Meer ausgesetzt, nachdem ihre Mitwirkung an dem Mordplan aufgedeckt wurde. Die Oper endet mit Poppeas Krönung zur Kaiserin. Ihre Gier nach dem Thron hat alle Hindernisse überwunden.

In den Büchern kann man den entsetzlichen Fortgang der Geschichte nachlesen. Dem mordlustigen Nero war bereits seine Mutter zum Opfer gefallen. Kurz nach Poppaeas Krönung tötete er mit Fußtritten das gemeinsame Kind in ihrem Leib; Poppaea erlag den dabei erlittenen Verletzungen. Am Ende zwang man Nero zum Selbstmord, und wenig später übernahm der aus dem Exil heimgekehrte Otho die Macht in Rom.  

Mit der unmoralischen Geschichte über Tyrannei und Intrige hält Monteverdi seinen Zeitgenossen einen Spiegel vor, den er aber in das gefällige Gewand der herrlichsten Barockmusik kleidet. Eine solche Geschichte kann nur in einer degenerierten Gesellschaft spielen, nicht unter zivilisierten Menschen. In der Lesart von Jan Lauwers ist aus dem Spiegelbild längst Realität geworden. In einer Epoche, die von Exzessen und Identitätskrisen geprägt ist, in der alles jederzeit verfügbar ist, spielt die Vernunft keine Rolle mehr. Mit der Aufklärung, dem Zeitalter der Vernunft, wurde Gott für tot erklärt, die Götter wurden von ihrem Sockel geholt. 
Jan Lauwers, der vor mehr als 30 Jahren zusammen mit Grace Ellen Barkey das Kunstkollektiv Needcompany begründete, überträgt seinen unverwechselbaren Ansatz – in dem er Text, Bewegung, bildender Kunst und Musik eine je eigenständige Rolle zuweist – diesmal auf das Genre Oper. In Lauwers’ Interpretation büßen die Götter als Krüppel für ihre Schuld, und die Akteure gehen buchstäblich über die Leichen ihrer Sünden, Handlungen und Mordtaten. Machtgier, Intrige, Grausamkeit, Brutalität und Manipulation triumphieren auf dem Hintergrund barocker Schönheit.
Das gemeinsame Projekt von Jan Lauwers & Needcompany und William Christie & Les Arts Florissants legt den Fokus auf den menschlichen Körper und die physische Präsenz der Sänger. Der Barockmusikspezialist William Christie ist seit Jahren mit der Oper wohl vertraut. „Indem sie den Sieg des Zynismus und des Bösen zeigt“, sagt er, „spiegelt L’incoronazione di Poppea auf verstörende und zugleich faszinierende Weise die Widersprüche und Schwächen der menschlichen Seele. Für mich erwächst dieses Gefühl ganz unmittelbar aus Monteverdis Partitur, und um es dem heutigen Publikum näherzubringen, müssen wir seine Musik so respektieren, wie er sie niedergeschrieben hat.“

Elke Janssens, Übersetzung: Eva Reisinger




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