Richard Strauss Salome
Musikdrama in einem Aufzug (1905)
Libretto vom Komponisten nach dem Schauspiel Salomé (1893) von
Oscar Wilde
in der deutschen Übersetzung von Hedwig Lachmann
Neuinszenierung
In deutscher Sprache mit Übertiteln
Dauer der Oper ca. 1 Stunde 40 Minuten
PREMIERE
- 01. August 2018, 20:00 Uhr
- 09. August 2018, 20:00 Uhr
- 12. August 2018, 15:00 Uhr
- 17. August 2018, 20:00 Uhr
- 27. August 2018, 20:00 Uhr
Programm drucken (PDF)
John Daszak, Herodes
Anna Maria Chiuri, Herodias
Asmik Grigorian, Salome
Malin Byström (17.08), Salome
Gábor Bretz, Jochanaan
Julian Prégardien, Narraboth
Avery Amereau, Ein Page der Herodias
Christina Bock (21.08, 27.08), Ein Page der Herodias
Matthäus Schmidlechner, Erster Jude
Mathias Frey, Zweiter Jude
Patrick Vogel, Dritter Jude
Jörg Schneider, Vierter Jude / Sklave
David Steffens, Fünfter Jude
Tilmann Rönnebeck, Erster Nazarener
Paweł Trojak*, Zweiter Nazarener
Neven Crnić*, Kappadozier
Henning von Schulman, Erster Soldat
Dashon Burton, Zweiter Soldat
Wiener Philharmoniker
*Teilnehmer des Young Singers Project – unterstützt von der KÜHNE-STIFTUNG
In den Salome-Vorstellungen am 21. und 27. August übernimmt Christina Bock die Rolle des Pagen der Herodias anstelle von Avery Amereu.
Aufgrund einer akuten Erkrankung von Asmik Grigorian hat Malin Byström in der Vorstellung der Salome am 17. August kurzfristig die Titelrolle übernommen.
„Als aber der Geburtstag des Herodes gefeiert wurde, tanzte die Tochter der Herodias vor den Gästen. Und sie gefiel Herodes so sehr, dass er schwor, ihr alles zu geben, was sie sich wünschte. Da sagte sie auf Drängen ihrer Mutter: Lass mir auf einer Schale den Kopf des Täufers Johannes herbringen.“ Das Ereignis, das zur Enthauptung Johannes’ des Täufers führt, wird in den Evangelien des Matthäus und des Markus in knappen Sätzen erzählt. Die Stieftochter des galiläischen Tetrarchen Herodes ist hier noch namenlos, und ihre ungeheure Forderung entspringt nicht dem eigenen Willen, sondern dem ihrer Mutter Herodias, die den unbequemen Propheten hasst. Was Salome (ihr Name ist erstmals aus dem fünften Jahrhundert überliefert) zum Mythos machen wird, ist allerdings klar benannt: das Sich-zur-Schau-Stellen im Tanz, zugleich die Faszination des Schauenden und die Macht, die das Betrachtete über ihn ausübt. Es scheint, als hätten die Künstler, allen voran die Maler, die Nüchternheit der biblischen Schilderung jahrhundertelang als nie versiegende Anregung empfunden, der Geschichte sinnliche Konkretheit zu verleihen und sie in den schillerndsten Farben auszuschmücken.
Eine literarische Hochkonjunktur erlebte Salome im Frankreich des späten 19. Jahrhunderts: als Femme fatale und Inbild pervertierter Lust. Den Höhepunkt bildet Oscar Wildes in französischer Sprache verfasste, den Geist des Fin de Siècle atmende Tragödie Salomé. Die ursprüngliche Blickkonstellation erweiternd, spinnt Wilde ein ganzes Netz von obsessiven und unerwiderten Blicken zwischen den Figuren, als Ausdruck oder Quelle von Begehren. Kann man sich dem Blick entziehen, wie Jochanaan glaubt, der Salome verbieten will, ihn anzusehen „mit ihren Goldaugen unter den gleißenden Lidern“? Lässt sich der Blick verleugnen, um einzig dem Wort zu vertrauen? Wildes Tragödie entfaltet sich zwischen den Polen von Auge und Ohr, Körperlichkeit und Geistigkeit, Klang und Wort, Schauen und Erkennen.
Als Richard Strauss 1903 begann, eine gekürzte deutsche Übersetzung des skandalumwitterten Stücks zu vertonen, sah er sich vor die Herausforderung gestellt, diese Gegensätze im Medium der Musik zu vermitteln – oder auch zu relativieren. Als Komponist fand Strauss nach den symphonischen Dichtungen mit Salome nun auch im Bereich der Oper zu einer eigenständigen Sprache: Der bis dahin ungeahnte Reichtum an Klangfarben ist nur eines ihrer unverwechselbaren Merkmale.
Der italienische Regisseur Romeo Castellucci, ein profunder Erforscher der Kraft des Sehens, verstanden auch als das, wovon wir gesehen werden, wird die Verborgenheiten dieser „Tragödie des Blickes“ ergründen. Als Künstler, der über eine außergewöhnliche Fähigkeit verfügt, Bilder hervorzubringen, in denen das Wissen des Unbewussten pulsiert, nähert er sich Salome, indem er den Schauplatz des theatralen Geschehens als Ausgangspunkt nimmt. Durch einen Eingriff in das klassische Bild der Felsenreitschule mit ihren aus dem Gestein des Mönchsbergs gehauenen Arkaden wird der Eindruck des Erstickens suggeriert. Man könnte ihn als objektives Korrelat zu dem Gefühl von Bedrängung betrachten, das die Protagonistin von allen Seiten umgibt und das die Musik sowie das Fangenspiel der Worte in ihren Wiederholungen das gesamte Libretto hindurch erfüllt.
Die für Salzburg konzipierte Inszenierung macht die Figur der Salome zum Angelpunkt, verwandelt sie in die Flamme, die alles Anwesende belebt und die im Tanz der sieben Schleier emporlodert und sich verbraucht. Der Tanz bildet den Höhepunkt, eine Manifestation von Stärke und ein letztes Aufzucken, das den Zuschauer berührt.
In einem szenischen Bild, in dem erhabene neben gewöhnlichen Elementen existieren, stellt Castelluccis Regie weniger die Sehnsucht nach der Kopftrophäe des Jochanaan in den Vordergrund als das Abschneiden, das Wegschneiden; nicht das Objekt der Begierde, das immer schon verloren ist, sondern die berührende Einsamkeit einer Frauenfigur, an der wir Anteil nehmen. Und hier stürzt der Akt des Ansehens durch seine endgültige Unterbindung in den Abgrund des Begehrens.
Christian Arseni, Piersandra Di Matteo