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PROGRAMMDETAIL

Gaetano Donizetti La Favorite

Opéra in vier Akten
Libretto von Alphonse Royer, Gustave Vaëz und Eugène Scribe

Konzertante Aufführung
Mit deutschen und englischen Übertiteln

Dauer der Oper ca. 3 Stunden.

PREMIERE

  • 22. August 2014, 16:00 Uhr

AUFFÜHRUNG

  • 26. August 2014, 19:00 Uhr

SPIELSTÄTTE

Großes Festspielhaus

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LEADING TEAM

Roberto Abbado, Musikalische Leitung
Walter Zeh, Choreinstudierung

ZUR PRODUKTION

In Paris zu reüssieren war Mitte des 19. Jahrhunderts der Traum vieler Komponisten. Der hohe künstlerische Standard der dortigen Sänger und Musiker, sorgfältig inszenierte und opulent ausgestattete Produktionen, die relativ freie Handhabung der Zensur und nicht zuletzt die großzügigen Komponistenhonorare waren die hauptsächlichen Gründe, weshalb es Gioachino Rossini im Jahre 1824, Vincenzo Bellini 1833, Gaetano Donizetti 1838 und Giuseppe Verdi 1847 in die französische Hauptstadt zog. Bei Donizettis Entscheid, seine Wahlheimat Neapel zu verlassen und sich in Paris neu zu etablieren und zu orientieren, mochten nicht allein die Vorzüge und der hervorragende Ruf der Pariser Bühnen, sondern auch private und berufliche Schicksalsschläge eine Rolle gespielt haben: der Tod seiner Frau Virginia, die geringe Entlohnung als Kompositionslehrer am Konservatorium von Neapel und die enttäuschte Hoffnung, zu dessen Direktor berufen zu werden. Ausschlaggebend war zudem das Aufführungsverbot seiner Oper Poliuto durch die neapolitanische Zensurbehörde.

In Paris hingegen feierte seine Lucia di Lammermoor in einer französischen Version bereits Triumphe, und nicht weniger erfolgreich waren Roberto Devereux und L’elisir d’amore in Szene gegangen. Hector Berlioz sprach in diesem Zusammenhang von einer wahren „Invasion“ Donizettis: „Man kann nicht mehr von den Opernhäusern von Paris sprechen, sondern nur noch von denjenigen von Monsieur Donizetti.“ Als der Komponist im Mai 1838 von Direktor Charles Duponchel das Angebot erhielt, zwei Auftragswerke für die renommierte Opéra zu schreiben, sagte er zu. Der Vertrag mit Duponchel beinhaltete, dass Donizettis erstes Werk für die Opéra die erweiterte Fassung des Poliuto in einer französischen Version mit dem Titel Les Martyrs werden sollte, als zweite und neue Produktion war Le Duc d’Albe mit einem Libretto von Eugène Scribe vorgesehen.

Als Donizetti zum festgesetzten Probenbeginn in der französischen Hauptstadt eintraf, war ein großer Teil der Partitur bereits komponiert. Doch inzwischen hatte in der Leitung der Opéra ein Wechsel stattgefunden und der neue Direktor des Hauses, Léon Pillet, entschied, das Projekt Le Duc d’Albe vorerst fallen zu lassen. Er überredete Donizetti, stattdessen seine Oper L’Ange de Nisida wieder aufzugreifen, den Erfordernissen der Opéra anzupassen und unter dem Titel La Favorite herauszubringen. L’Ange de Nisida war eine Auftragskomposition des Pariser Théâtre de la Renaissance, das nie zur Aufführung gelangt war, weil das Haus noch vor der Premiere Bankrott ging.

Als Librettisten für La Favorite waren von der Direktion der Opéra Alphonse Royer und Gustave Vaëz bestimmt und als zusätzlicher Textmitarbeiter Eugène Scribe engagiert worden, einerseits um ihn für den Verlust von Le Duc d’Albe zu entschädigen, andererseits um von seinen reichen schriftstellerischen Erfahrungen zu profitieren. Die Umformung von L’Ange de Nisida zu La Favorite bestand in der Erweiterung von drei auf vier Akte und der Einfügung einer für die Opéra obligaten großen Balletteinlage. Des Weiteren wurden alle komischen Elemente der Vorgänger-Oper entfernt, einige Personenkonstellationen verändert und die Handlung aus dem Neapel des 15. Jahrhunderts in das Königreich Kastilien des 14. Jahrhunderts verlegt. Der historische Hintergrund der Favorite ist die bewegte spanische Epoche der „Reconquista“, der Rückeroberung des europäischen Festlandes von den Mauren. Ihre Auswirkung auf die Handlung ist allerdings gering, da sie kaum mehr als Staffage für die Dreiecksliebesgeschichte zwischen dem König, seiner Favoritin Léonore und seinem Rivalen, dem Novizen Fernand, bildet. Historisch verbürgte Figuren sind König Alfons XI., dessen Regierungszeit (1312–1350) von politischen und wirtschaftlichen Erfolgen gekrönt, jedoch durch die Macht der Kirche eingeschränkt war, sowie seine Mätresse Leonora de Guzmán. Weitere geschichtliche Fakten blieben von den Librettisten unberücksichtigt, etwa, dass Leonora zwanzig Jahre lang die Geliebte des Königs war, ihm zehn Kinder gebar und nach seinem Tod hingerichtet wurde.

Trotz der komplizierten Entstehungsgeschichte gilt La Favorite mit der „glücklichen Verbindung zwischen italienischem und französischem Opern-Idiom“ (Le Corsaire) als eine der geschlossensten musikdramatischen Leistungen des Komponisten, die ihn auf der Höhe seiner Instrumentationskunst zeigt. Der Premiere am 2. Dezember 1840 war zwar lediglich ein Achtungserfolg beschieden, aber über den Umweg über einige französische Provinzbühnen stellte sich der Erfolg für La Favorite schließlich auch in der französischen Hauptstadt ein. Das Werk konnte sich mit fast 700 Vorstellungen bis ins Jahr 1918 als Dauerbrenner auf dem Spielplan der Opéra behaupten. Auch außerhalb von Frankreich war das Stück erfolgreich, allerdings in stark veränderten Fassungen, weil die Zensur ein Stück, in dem unter anderem ein Mönch aus Liebe zu einer Frau das Kloster verlässt, niemals hätte durchgehen lassen. Arturo Toscanini nannte die Oper „durchweg schön; der letzte Akt aber: jede Note ein Meisterwerk“.

Ronny Dietrich




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